Beschluss vom 11.04.2025 -
BVerwG 2 B 5.25ECLI:DE:BVerwG:2025:110425B2B5.25.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 11.04.2025 - 2 B 5.25 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:110425B2B5.25.0]

Beschluss

BVerwG 2 B 5.25

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 11. April 2025 durch die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Schübel-Pfister, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hissnauer und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Henke beschlossen:

Das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen den ... Richter am Bundesverwaltungsgericht A, den Richter am Bundesverwaltungsgericht B und den Richter am Bundesverwaltungsgericht C wird abgelehnt.

Gründe

I

1 Der Kläger, ein pensionierter Studiendirektor, begehrt immateriellen Schadensersatz wegen "Mobbings" durch eine Schulleiterin und durch Bedienstete eines Schulamts. Seinen Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. Februar 2024 hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 21. Mai 2024 abgelehnt (2 B 17.24 ). Auf die Anhörungsrüge des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 23. Dezember 2024 das Verfahren fortgeführt und zugleich den Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts (erneut) abgelehnt (2 B 20.24 ). Mit Beschluss vom 22. Januar 2025 hat der Senat sodann die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts verworfen (2 B 24.24 ).

2 Mit Schreiben vom 3. Februar 2025 stellte der Kläger einen Antrag auf Ablehnung des ... Richters am Bundesverwaltungsgericht A sowie der Richter am Bundesverwaltungsgericht B und C wegen Besorgnis der Befangenheit; hierbei nahm er auf seine undatierte, beim Bundesverwaltungsgericht am 3. Februar 2025 eingegangene Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die betreffenden Personen Bezug. Mit weiterem Schreiben vom 17. Februar 2025 begehrte der Kläger Rechtsschutz gegen die Beschlüsse vom 23. Dezember 2024 (2 B 20.24 ) und 22. Januar 2025 (2 B 24.24 ), wobei er auf seinen Befangenheitsantrag verwies. Die Anhörungsrüge zum Verfahren 2 B 20.24 (Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts) wird unter dem Az. 2 B 5.25 geführt, die Anhörungsrüge zum Verfahren 2 B 24.24 (Nichtzulassungsbeschwerde) unter dem Az. 2 B 6.25 . In der Folge gingen weitere Schreiben bei Gericht ein.

3 Die abgelehnten Senatsmitglieder haben dienstliche Erklärungen abgegeben. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen. Der Kläger hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.

II

4 Der in den Verfahren 2 B 5.25 und 2 B 6.25 gestellte Antrag auf Ablehnung des ... Richters am Bundesverwaltungsgericht A, des Richters am Bundesverwaltungsgericht B und des Richters am Bundesverwaltungsgericht C wegen Besorgnis der Befangenheit, über den gemäß § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 45 Abs. 1 ZPO ohne die Mitwirkung der abgelehnten Richter zu entscheiden ist, hat keinen Erfolg.

5 Nach § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 42 Abs. 2 ZPO setzt die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit voraus, dass ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Tatsächliche Befangenheit oder Voreingenommenheit ist nicht erforderlich. Die Vorschriften über die Befangenheit von Richtern bezwecken, bereits den bösen Schein, d. h. den möglichen Eindruck fehlender Unvoreingenommenheit und mangelnder Objektivität zu vermeiden. Maßgeblich ist, ob aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (stRspr; vgl. nur BVerfG, Beschlüsse vom 2. Dezember 1992 - 2 BvF 2/90 u. a. - BVerfGE 88, 17 <22 f.> und vom 26. Februar 2014 ‌- 1 BvR 471/10 u. a. - BVerfGE 135, 248 Rn. 24; BVerwG, Beschluss vom 28. August 2024 - 2 AV 3.24 - juris Rn. 2 m. w. N.).

6 Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich aus Sicht eines verständigen Beteiligten bei vernünftiger Würdigung aller Umstände kein Anlass, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung der abgelehnten Richter zu zweifeln. Der Kläger beruft sich zur Begründung seines Ablehnungsgesuchs auf die "unbegründete Ablehnung des Antrags" auf Beiordnung eines Notanwalts, die "unzutreffende Beschuldigung", er habe sich an zu wenige Anwälte gewandt und die "unbewiesene nachgeschobene Beschuldigung", er habe seinem Anwalt schuldhaft gekündigt. Damit macht er eine inhaltlich fehlerhafte Entscheidung des Spruchkörpers in dem Antragsverfahren auf Beiordnung eines Notanwalts geltend, die grundsätzlich nicht zur Besorgnis der Befangenheit führt (vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 14. November 2012 - 2 KSt 1.11 - NVwZ 2013, 225 Rn. 4 und vom 28. Februar 2022 - 9 A 12.21 - NVwZ 2022, 884 Rn. 35 m. w. N.). Zusätzliche Umstände, die für eine der Rechtsanwendung zugrundeliegende Voreingenommenheit der Richter sprechen, sind dem Vorbringen des Klägers nicht zu entnehmen; seine pauschale Behauptung einer "unfairen Behandlung" genügt hierfür nicht. Der Senat hat das Verfahren auf die Anhörungsrüge des Klägers hin gerade fortgeführt und die Entscheidungsbegründung inhaltlich korrigiert.

7 Gleiches gilt für die auf einen angeblichen Verfahrensfehler bezogene Rüge, der Senat habe seinen Beschluss "auf Monate nach Erreichen der Ausschlussfrist zur Beschwerdebegründung" verlegt. Dieses Vorbringen bezieht sich offenbar auf den Umstand, dass über den Beiordnungsantrag erstmals im Mai 2024 entschieden wurde und sodann im Dezember 2024 - auf die Anhörungsrüge des Klägers hin - das Verfahren fortgesetzt und eine erneute Entscheidung über den Beiordnungsantrag getroffen wurde. Warum diese Zeitspanne objektive Zweifel an der Unbefangenheit der Richter begründen sollte, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde im Januar 2025 verworfen, weil sie nicht fristgerecht durch einen Bevollmächtigten begründet wurde. Wäre ein Notanwalt bestellt worden, hätte dies zur Wiedereinsetzung in die versäumte Frist geführt; die Voraussetzungen hierfür wurden im Fortführungsbeschluss vom Dezember 2024 aber gerade verneint. Dahinstehen kann, ob der unanfechtbare Beschluss dem Kläger persönlich hätte zugestellt werden müssen; ein Abdruck des Beschlusses wurde ihm im Februar 2025 übermittelt. Auch insoweit ist ein tragfähiger Grund für eine Besorgnis der Befangenheit nicht vorgebracht.

Beschluss vom 08.07.2025 -
BVerwG 2 B 5.25ECLI:DE:BVerwG:2025:080725B2B5.25.0

Beschluss

BVerwG 2 B 5.25

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 8. Juli 2025 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Schübel-Pfister beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Dezember 2024 - 2 B 20.24 - wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge des Klägers ist unbegründet, weil sie die für eine Fortführung des Verfahrens erforderliche Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO) nicht aufzeigt. An der vom Kläger beanstandeten Auffassung, dass die fehlende Neubestellung eines Prozessbevollmächtigten im Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision auch zur Fortwirkung der ursprünglichen Bevollmächtigung in dem auf Beiordnung eines Notanwalts gerichteten Nebenverfahren führt, hält der Senat zwar nicht fest (1.). Hieraus ergibt sich indes nicht, dass der Senat den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (2.).

2 1. Nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 87 Abs. 1 ZPO erlangt die Kündigung des Vollmachtvertrags in einem Anwaltsprozess erst durch die Anzeige der Bestellung eines anderen Anwalts rechtliche Wirksamkeit. Bis zur Bestellung eines neuen Prozessbevollmächtigten sind Verfügungen des Gerichts oder Zustellungen daher an den − weiterhin als bevollmächtigt geltenden − ursprünglichen Prozessbevollmächtigten vorzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2007 - XII ZR 58/06 - NJW 2007, 2124 Rn. 11 f.). Ausgehend hiervon sind die Senatsbeschlüsse vom 21. Mai 2024 - 2 B 17.24 - und vom 23. Dezember 2024 - 2 B 20.24 (Anhörungsrüge) - an die Rechtsanwälte ... versandt worden, die die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. Februar 2024 mit Schriftsatz vom 3. April 2024 eingelegt hatten. Dabei ist der Senat davon ausgegangen, dass der Anwaltszwang auch das auf Beiordnung eines Notanwalts gerichtete Nebenverfahren umfasst, weil dieses auf das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren bezogen ist (vgl. OLG Bremen, Beschluss vom 24. Oktober 1985 - 2 W 115/85 - NJW-RR 1986, 358 für ein Kostenfestsetzungsverfahren).

3 An dieser Einschätzung hält der Senat nicht fest. In einem selbständigen Nebenverfahren, für das − wie hier für den Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts − ein Anwaltszwang nicht vorgeschrieben ist, darf der Beteiligte selbst das Verfahren führen. Es besteht daher keine Notwendigkeit, die Wirksamkeit der Kündigung eines Vollmachtvertrags an die Bestellung eines anderen Rechtsanwalts als Prozessbevollmächtigten zu knüpfen. Vielmehr bleibt die Naturalpartei auch ohne diesen Schritt postulationsfähig und damit in der Lage, das eigenständige Nebenverfahren ordnungsgemäß zu betreiben. Damit sind auch die Verfügungen oder Zustellungen in diesem Nebenverfahren nach ordnungsgemäßer Mitteilung der Kündigung des Vollmachtvertrags nur noch an den Beteiligten selbst zu richten (vgl. etwa OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16. Juni 1997 - 3 W 51/97 - juris Rn. 3; Althammer, in: Zöller <Hrsg.>, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 87 Rn. 3 oder Toussaint, in: Krüger/Rauscher <Hrsg.>, Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, Bd. 1, 7. Aufl. 2025, § 87 Rn. 10 m. w. N.).

4 2. Dass die angegriffenen Senatsbeschlüsse hierauf beruhen könnten, ist indes weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Beschluss vom 21. Mai 2024 - 2 B 17.24 - ist dem Kläger bereits unmittelbar und parallel zur Übermittlung an die ehemaligen Bevollmächtigten durch das Gericht übersandt worden. Der Beschluss vom 23. Dezember 2024 - 2 B 20.24 - ist dem Kläger als Anlage des Vorsitzenden-Schreibens vom 13. Februar 2025 und damit ebenfalls ohne nennenswerte Verzögerung übersandt worden. Der zeitliche Ablauf kann daher weder zu einem Rechtsfehler geführt haben, auf dem die Entscheidungen beruhen können, noch sind sonstige nachteilige Wirkungen für den Kläger geltend gemacht oder erkennbar.

5 In der Sache hat der Senat nicht auf die fortbestehende Vertretung des Klägers durch die ursprünglichen Rechtsanwälte abgestellt (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 20. November 2012 - 4 AV 2.12 - NJW 2013, 711 Rn. 9); diese Frage ist vielmehr ausdrücklich offengelassen worden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 21. Mai 2024 - 2 B 17.24 - Rn. 10 und vom 23. Dezember 2024 - 2 B 20.24 - Rn. 10). Die angegriffenen Beschlüsse können auf der streitigen Frage daher nicht beruhen.

6 Um etwaige Rechtsnachteile zu vermeiden, hat der Senat gleichwohl die weiteren Eingaben des Klägers als Anhörungsrügen behandelt. Auch in den damit ermöglichten Verfahren hat der Kläger indes nicht vorgebracht, warum die angegriffenen Beschlüsse auf der zunächst unterlassenen Übermittlung an den Kläger selbst beruhen könnten. Die Einwände zielen vielmehr auf die vom Kläger behauptete inhaltliche Unrichtigkeit der in den Beschlüssen vertretenen Auffassung. Der geltend gemachte Verstoß gegen die Gewährung rechtlichen Gehörs ist damit nicht erkennbar. Im Übrigen ergibt sich aus der vorgelegten E-Mail des Rechtsanwalts H. vom 11. April 2024, dass der bevollmächtigte Anwalt sein Mandat wegen ausbleibender Zahlungen niedergelegt hat. Damit wird die vom Senat vertretene Auffassung auch in der Sache bestätigt.

7 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG).

8 Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).